Die Mülheimer Freimaurer

Die Loge wurde am 10. März 1839 unter dem Namen "Broich zur verklärten Louise" unter der Jurisdiktion der Großen National-Mutterloge "Zu den drei Weltkugeln" gegründet. Mit der Wahl dieses Namens wollten die Brüder ihre Verehrung für das preußische Königshaus und namentlich für die 1810 verstorbene ehemalige Königin von Preußen ausdrücken, die in jungen Jahren einige Zeit in dem auf der linken Ruhrseite gelegenen Schloss Broich zugebracht hatte.

Begünstigung durch wirtschaftlichen Aufschwung

Die Loge wäre kaum entstanden ohne den starken wirtschaftlichen Aufschwung und den intensiven Strukturwandel, den Mülheim in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte. In den Jahren 1800 bis 1830 hatte sich die Einwohnerzahl der Stadt verdoppelt, sie war inzwischen die dritt- bzw. viertgrößte Stadt des Ruhrgebiets geworden. Die traditionelle Basis (Landwirtschaft, Öl-, Papier- und Getreidemühlen) wurde mehr und mehr von Kohlenhandel und Textilindustrie abgelöst. Alldem war die gewachsene "Infrastruktur" der Stadt kaum mehr gewachsen; im Straßen- und Brückenbau, im Schul- und Sozialbereich bestand erkennbar Handlungsbedarf. Vor allem aber: Es fehlte an kulturellen Einrichtungen, an Gelegenheiten zum Meinungsaustausch und zur geistigen Entspannung.

Ehemals prominente Mülheimer sind Mitglieder der Loge

Vor diesem Hintergrund ist die Entstehung der Mülheimer Loge zu sehen. In ihr fanden sich nicht nur die Angehörigen alteingesessener Mülheimer Familien zusammen (etwa die Brüder Hermann W., und Richard von Eicken), sondern auch die Söhne solcher Bürger, die erst im Laufe der letzten Jahre zugewandert waren (Johann Caspar Troost III, Eugen Coupienne) oder es aus eigener Kraft zu Ansehen und Macht gebracht hatten, wie Mathias Stinnes) - fast alle gehören zu den Gründungsmitgliedern der jungen Loge.

Die Etymologie des Logen-Namens

Ihre Verehrung zum preußischen Königshaus dokumentierten die damaligen Brüder aber nicht nur mit ihrer Namenswahl, sondern auch damit, dass sie im Jahre 1840 dem Prinzen von Preußen und späteren Kaiser Wilhelm I, Protektor der preußischen Freimaurerlogen, die Ehrenmitgliedschaft anboten, die dieser "mit innigem Dank" annahm. Die Mülheimer Loge ist damit wahrscheinlich die erste (und möglicherweise einzige) Loge, der der spätere Kaiser unmittelbar angehörte.

Einfluss auf die Stadtgeschichte

Es lässt sich zeigen, dass die Mitglieder der Loge in diesen Jahren merklichen Einfluss auf die Stadtgeschichte nehmen konnten. Hier mag genügen, auf die enge Zusammenarbeit zwischen dem Bürgermeister Weuste und Mathias Stinnes hinzuweisen - etwa beim Bau der sog. Kettenbrücke, des ersten Rathauses oder der Aktienstraße - oder an die Aktivitäten von Joh. Caspar Troost im Schulbereich zu erinnern.

1854 bis 1900: Der soziale Wandel beeinflusst die Mitgliederstruktur

Es zeigte sich, dass die Bruderschaft, was die Herkunft, die Berufe oder die gesellschaftliche Stellung der Mitglieder anbetraf, anders zusammengesetzt war, als zu Zeiten der Gründung: An die Stelle der alteingesessenen Bürger und Unternehmerpersönlichkeiten traten mehr und mehr die leitenden Mitarbeiter der sich allmählich herausbildenden Großunternehmen, die Techniker, Ingenieure und Verwaltungsfachleute sowie Ärzte und Juristen. Lange Jahre führte ein Arzt, der Sanitätsrat und Kreisphysikus Dr. J.H. Leonhard, den ersten Hammer der Loge.

Karl von Bock und Polach 

In diesen Tendenzen spiegeln sich nicht zuletzt die gesamtwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen, die nach der Reichgründung einsetzten. Insgesamt gesehen, entwickelte sich das Logenleben positiv: die Zahl der Mitglieder stieg, die Logenabende waren gut besucht und die karitativen Bemühungen konnten ausgeweitet werden. Im Jahre 1881 übernahm Karl von Bock und Polach das Amt des Stuhlmeisters, zwei Jahre, nachdem er zum (Ober)bürgermeister gewählt worden war. In seiner langen Amtszeit (bis 1899) waren die Verbindungen zwischen der Logen- und der Stadtgeschichte besonders eng, entstand vieles von dem, was noch heute für Mülheim charakteristisch ist - so die Ruhrpromenade und ein systematisch ausgebautes Straßennetz, das Wasserwerk und die Stadtsparkasse.

Der Vater der Mülheimer Augenklinik

An dieser Stelle ist auch an Dr. Hermann Leonhard, den Sohn des Sanitätsrates und ehemaligen Stuhlmeisters J.H. Leonhard zu erinnern: Zusammen mit seiner Ehefrau Margarete, der Tochter von Mathias Stinnes, stellte er das Stiftungskapital für medizinische, kulturelle und soziale Einrichtungen bereit (u.a. für die heute noch existierende Augenheilanstalt). 

1935: Freimaurerei wird von den Nazis verboten - die Loge muss schließen

Umso schmerzlicher waren die Erfahrungen des ersten Weltkrieges, der nachfolgenden Wirtschaftskrise und des Zusammenbruchs der Weimarer Republik. Der Freimaurerei brachten die politischen Entwicklungen das Verbot und die erzwungene Selbstauflösung: Im Juni 1935 besetzte die SA-Standarte das Logenhaus und untersagte den Logenmitgliedern den Zutritt, die Bibliothek und das Inventar wurden im Garten verbrannt oder verschleppt. Unter dem Druck nationaler und lokaler NSDAP-Organe fasste die Loge im Juli 1935 den Beschluss zur Selbstauflösung. Das Vereinsvermögen wurde nach Weisung des Reichführers SS an "Institute mit wohltätigen Zwecken" verteilt. In der Folgezeit konnten sich die Brüder - wenn überhaupt - nur zu informellen Begegnungen treffen. 

1947: Die Freimaurer in Mülheim nehmen ihre Arbeit wieder auf

Schon bald nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges regte sich der Wunsch, die Loge reaktivieren. Von den 140 Brüdern, die der Loge vor 1933 angehört hatten, konnten immerhin noch 35 Brüder ausfindig gemacht werden; sie sprachen sich im Dezember 1947 fast einstimmig für die Wiedergründung aus; nun allerdings als Mitglied der Landesgroßloge Nordrhein-Westfalen - die selbst später in der Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland (A.F.u.A.M.v.D.) aufging.

Wiederaufbau des Logenhauses

Nach Rück-Übertragung des Grundstücks konnte dank staatlicher Entschädigungszahlungen und unter Rückgriff auf eigene Mittel das im Krieg vollständig zerstörte Logenhaus in der Friedrichstraße wieder aufgebaut werden; im März 1958 wurde dort der neue Tempel feierlich eingeweiht. Damit wurde die Mülheimer Loge wieder Teil der weltumspannenden Bruderkette, das Logenhaus zum Ort des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens, etwa durch literarische oder musikalische Abende, die auch den übrigen Bürgern offen stehen.

Partner-Loge in Tours

Die Mülheimer Loge war auch einer der ersten Mülheimer Vereine, der die Ziele des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages umsetzte: Seit 1964 besuchen sich die Brüder der Partnerstädte Tours und Mülheim in alljährlichem Wechsel.

 

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